KRISTINA HÄNEL

KRISTINA HÄNEL
Fachärztin für Allgemeinmedizin in Gießen, verurteilt nach §219a StGB, hat Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt

§ 218 StGB  wird 150

Recht bedeutet nicht Gerechtigkeit. Auch vor 150 Jahren war der Strafrechtsparagraph nicht gerecht.
Er zwang Frauen mit ungewollter Schwangerschaft in die Illegalität, zum Pfuscher, ins Zuchthaus, in den Tod. Die beteiligten Männer zwang er nirgendwo hin. Aber oft mussten sie eine neue Mutter für ihre Kinder suchen. Nach 150 Jahren ist der §218StGB nicht gerechter geworden, nur noch absurder.
Eine betroffene Frau darf nicht über ihren eigenen Uterus entscheiden, ein Transmann mit Uterus auch nicht. Was die Kriminalisierung der Abtreibung mit den Betroffenen macht, wie demütigend sie zum Teil in unserer Gesellschaft behandelt werden von Politiker*innen, Ärzt*innen, Richter*innen, Krankenkassen, erlebe ich täglich in meiner Praxis. Darum setze ich mich auf juristischem Weg dafür ein, dass sie ausreichend Informationen zum Schwangerschaftsabbruch durch Fachleute erhalten um nicht in die Irre geführt zu werden. Auch diese Informationen sind ja nach §219a in Deutschland verboten. Aber der Staat kann nicht länger die Problematik auf dem Rücken der Betroffenen und der Ärzt*innen austragen, zumal die Versorgungslage schlechter wird. Die Politik muss sich des Themas annehmen.

Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein Dilemma, es ist kein einfaches Thema, für niemanden. Aber es gibt keinen plausiblen Grund, dass der Staat Eigentümer sei über Millionen uteri im Falle ungewollter Schwangerschaften. Vielmehr muss die Lösung darin liegen, Betroffenen die Entscheidung zu geben und ihnen medizinisch korrekte Versorgung zukommen zu lassen. Wir sollten andere Geburtstage feiern, aber nicht weitere des §218.